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Was versteht man unter freiheitsentziehenden Maßnahmen?

Gefragt von: Herr Prof. Frieder Henning MBA.  |  Letzte Aktualisierung: 25. Juli 2023
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Freiheitsentziehende Maßnahmen sind alle Handlungen und Vorrichtungen, die einen Menschen an der Ausübung seines natürlichen oder auch potentiellen Fortbewegungswillens hindern und gegen seinen Willen durchgeführt werden.

Was sind freiheitsentziehenden Maßnahmen?

Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen? Vom Gesetzgeber wurde festgelegt, dass es sich dann um eine freiheitsentziehende Maßnahme handelt, wenn die Bewegungsfreiheit einer Person ohne ihre Zustimmung eingeschränkt wird.

Wann liegt eine freiheitsentziehende Maßnahme vor?

Nur wenn die Fortbewegungsfreiheit eines Menschen gegen seinen Willen eingeschränkt oder sogar komplett entzogen wird, liegt tatsächlich eine FEM vor. Hierunter fallen zum Beispiel räumliche Beschränkungen, Einschränkung der körperlichen Fähigkeiten oder auch Medikamente.

Welche Handlungen fallen unter freiheitsentziehende Maßnahmen?

Unter freiheitsentziehende Maßnahmen fallen alle Handlungen, die die körperliche Bewegungsfreiheit einschränken und nicht vom betroffenen Senioren eigenständig rückgängig gemacht werden können.
  • hochfahren des Bettgitters.
  • Fixierungsgurte u. ...
  • Verschließen von Türen.

Wie lange darf eine freiheitsentziehende Maßnahme stattfinden?

Es existiert keine gesetzliche 24-Stunden-Regel! Es bedarf IMMER einer Rechtfertigung der freiheitsentziehenden Maßnahme, d. h. von Anfang an. Besteht die konkrete Gefahrenlage (= Notstand) bspw. nach 10 Minuten nicht mehr, sind die freiheitsentziehenden Maßnahmen umgehend zu beenden.

Unterbringungsähnliche und freiheitsentziehende Maßnahmen | Rechtskunde | Pflege Kanal

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Wo beginnen freiheitsentziehende Maßnahmen?

Eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 in Verbindung mit § 1906 Abs. 1 Zif. 1 BGB setzt voraus, dass die Gefahr besteht, dass der Betroffene sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt.

Welche Medikamente gelten als Freiheitsentziehend?

Fentanyl (Handelsname: Abstral®, Actiq®, Durogesic®, Effentora®, Fentadolon®, Matrifen®) Morphin (Handelsname: Capros®, Kapanol®, M-beta®, M-long®, Morixon®, Morphanton®, MSI®, MSR®, MST®, M-Stada®, MST-Continus®, Painbreak®, Sevredol®, Substitol®, Sufentanil® Clonidin Handelsname: Catapresan®, Haemiton®, Isoglaucon®, ...

Wer darf freiheitsentziehende Maßnahmen durchführen?

Bei Gefahr im Verzuge kann eine freiheitsentziehende Maßnahme durchgeführt werden, es ist aber unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Betreuungsgerichtes einzuholen. Bei den Betreuungsgerichten gibt es einen 24 Stündigen Notdienstes eine Richters, der eine vorläufige Genehmigung erteilen kann.

Wann ist eine freiheitsentziehende Maßnahme nicht strafbar?

Die Strafbarkeit entfällt, wenn die Fixierung nicht rechtswidrig ist. Das ist der Fall, wenn eine Rechtfertigung nach § 34 StGB (Rechtfertigender Notstand), eine betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1906 BGB vorliegt oder eine öffentlich-rechtliche Unterbringung nach den jeweiligen Landesgesetzen gegeben ist.

Wann werden freiheitsentziehende Maßnahmen genehmigungspflichtig?

Temporäre oder nicht regelmäßige Maßnahmen

Das Gesetz (§ 1906 Abs. 4 BGB) besagt, dass eine freiheitsentziehende Maßnahme (FEM) dann genehmigungspflichtig ist, wenn sie „über einen längeren Zeitraum“ oder „regelmäßig“ erfolgt. Nun hat der Gesetzgeber nicht näher definiert, was beispielsweise ein längerer Zeitraum ist.

Welche Alternativen gibt es zu freiheitsentziehenden Maßnahmen?

Die Verhinderung der Sturzgefahr ohne freiheitsentziehende Maßnahmen gehört zu den pflegerischen Standards in Deutschland. Die Anschaffung alternativer Mittel, wie zum Beispiel ein absenkbares Pflegebett, muss von der Pflegeeinrichtung oder durch die sozialrechtlichen Kostenträger zur Verfügung gestellt werden.

Wann darf man das Bettgitter eines Pflegebedürftigen hochstellen?

Nur im Notfall kann für kurze Zeit (i.d.R. 48 Stunden) ohne richterliche Zustimmung das Bettgitter hochgefahren werden; also insbesondere bei Selbstgefährdung. Wenn absehbar ist, dass die Maßnahme über einen längeren Zeitraum durchzuführen ist, muss das Gericht zeitnah informiert werden.

Was ist der häufigste Grund Bewegungs und freiheitsentziehende Maßnahmen anzuwenden?

Häufigste Gründe für bewegungseinschränkende Maßnahmen: Psychomotorische Unruhe/Umtriebigkeit/Rastlosigkeit. Sturzgefährdung Gang/Transferunsicherheit. Verbale und/oder körperliche Aggressivität/Forderndes Verhalten.

Wie beantrage ich eine freiheitsentziehende Maßnahme?

Wo wird der Antrag auf freiheitsentziehende Maßnahmen gestellt? Der richterliche Beschluss auf freiheitsentziehende Maßnahmen muss beim zuständigen Betreuungsgericht gestellt werden.

Wie lange darf ein Mensch fixiert werden?

Nach 30 Minuten Fixierung sah sich der Arzt trotz unverändertem Verhalten der Patientin genötigt, diese loszubinden: Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24.7.2018 (Az.: 2 BvR 309/15) dürfe man keinen Patienten ohne richterlichen Beschluss länger als eine halbe Stunde fixieren. Auch nicht nachts.

Ist ein geteiltes Bettgitter eine freiheitsentziehende Maßnahme?

Menschen, die selbstständig das Bett über das Bettende verlassen können, haben so trotzdem die Sicherheit, im Schlaf nicht aus dem Bett zu rollen. Nachteil: Wenn durch das geteilte Bettgitter ein Aufstehen verhindert wird, kann die Maßnahme jedoch - je nach Einzelfall - eine freiheitsentziehende Maßnahme darstellen.

Was ist wenn ein Patient länger fixiert werden muss?

Soll die Fixierung regelmäßig erfolgen oder länger andauern, ist über den Betreuer eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen. Der Chefarzt sollte nachgeordneten Ärzten eine entsprechende Handlungsanweisung als Orientierungshilfe vorgeben.

Was ist eine 7 Punkt Fixierung?

am Krankenbett 7-Punkt-fixiert, das heißt, mit Gurten an beiden Armen, beiden Beinen sowie um Bauch, Brust und Stirn an das Bett angebunden.

Ist ein Gehwagen eine freiheitsentziehende Maßnahme?

Bei diesen Modellen wird der Nutzer durch einen Verschluss vorne daran gehindert, selbständig aus dem Gehwagen auszusteigen. Beim Einsatz dieser Modelle handelt es sich um sog. freiheitsentziehende Maßnahmen, in die der Betroffene entweder einwilligen muss, oder die gerichtlich genehmigt werden müssen.

Wann sind FEM strafbar?

Voraussetzungen für FEM

Voraussetzung für die Anwendung von FEM ist, dass Gefahren wirklich nicht anders abgewendet werden können. Es müssen also besonders schwerwiegende Gründe vorliegen. Ohne Einwilligung der pflegebedürftigen Person oder richterliche Genehmigung sind sie strafbar.

Was ist eine 5 Punkt Fixierung?

Die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 309/15 betrifft die 5-Punkt-Fixierung – das heißt die Fesselung aller Extremitäten und um den Bauch an ein Krankenbett – eines in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung Untergebrachten, die über mehrere Tage wiederholt ärztlich angeordnet worden war.

Welche Folgen bzw Nebenwirkungen können bei der Anwendung Freiheitsentziehender Maßnahmen auftreten?

Achtung: freiheitsentziehende Maßnahmen haben Risiken

Körperliche Folgen sind keine Seltenheit: Die Palette reicht von Gelenkversteifung, Immobilisation, Aufliegegeschwüren (Dekubitial-Ulzera) über Inkontinenz, Blutungen, Schürfungen und Nervenverletzungen bis hin zu Todesfolgen.

Welche Medikamente sind am gefährlichsten?

Liste der „gefährlichsten“ Medikamente

∎ Zytostatika ∎ Opiode i.v., transdermal ,oral ∎ Insulin ∎ Calcium i.v., Hochdosis Magnesium i.v ∎ Narkotika ∎ Muskelrelaxantien i.v (Succinylcholin, Rocuronium,Baclofen,…) ∎ Kalium i.v. ∎ Benzodiazepine i.v.

Welche Ursachen können FEM haben?

WARUM KOMMT ES ZU FEM?
  • Sturzgefahr.
  • Herausforderndes Verhalten, wie zum Beispiel gesteigerter Bewegungsdrang, Aggressivität.
  • Umsetzung medizinischer/pflegerischer Maßnahmen zum Beispiel Infusionstherapie (Seltener in der stationären Altenpflege)

Was gehört zur Medikamentengabe?

Welche Leistungen umfasst das Verabreichen von ärztlich verordneten Medikamenten?
  • Das Verabreichen der Medikamente.
  • Hierzu zählen jedoch nicht nur das Verabreichen von Tabletten. Das Pflegedienstpersonal muss z.B. auch Salben auf die betroffenen Körperstellen einreiben, Augentropfen verabreichen, Heilbäder richten usw.

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