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Was versteht man unter Aggressivnotstand?

Gefragt von: Amalie Martens  |  Letzte Aktualisierung: 10. September 2022
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Beim Aggressiv-Notstand greift die Sicherheitskraft in Rechtsgüter von Personen ein, die mit der Gefahr „nichts zu tun“ haben. Geht die Gefahr dagegen von einer Sache unmittelbar selbst aus, ist dessen Vernichtung womöglich anhand eines Defensiv-Notstandes (§ 228 BGB) gerechtfertigt.

Wann Aggressivnotstand?

Aggressivnotstand / angreifender Notstand – §904 BGB

§904 BGB untersagt es Eigentümern, die Beschädigung oder die Zerstörung ihrer Sache durch eine dritte Person zu verbieten, wenn diese dritte Person die Sache zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr benötigt.

Was erlaubt der aggressive Notstand?

Beim Aggressivnotstand hingegen greift der Täter in Rechtsgüter völlig Unbeteiligter ein. Hier sind die Unbeteiligten verpflichtet, den Eingriff zu dulden, sich also „aufzuopfern“. Dies darf aber nur erlaubt sein, wenn das verteidigte Rechtsgut höherwertiger ist, als das verletzte Rechtsgut (wesentliches Überwiegen).

Was ist ein angreifender Notstand?

Der Angreifende Notstand, § 904 BGB erlaubt es, sich gegen eine gegenwärtige Gefahr, die z.B. von einer Sache oder einem Tier ausgeht, unter Zuhilfenahme des Eigentums Dritter zu wehren, wenn der drohende Schaden viel größer wäre, als der beim Dritten angerichtete. Er ist ein Rechtfertigungsgrund.

Was ist 904 BGB Angriffsnotstand?

Der Aggressivnotstand (oder auch Angriffsnotstand) nach § 904 BGB ist neben ein im Strafrecht anerkannter Rechtfertigungsgrund. Anders als beim Defensivnotstand nach § 228 BGB richtet sich beim Aggressivnotstand die Notstandshandlung nicht gegen die Sache, von der die Gefahr ausgeht.

Aggressiv- und Defensivnotstand §§ 228, 904 BGB - Strafrecht AT 10

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Was ist 228 BGB Verteidigungsnotstand?

Verteidigungsnotstand § 228 BGB

Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadensersatz verpflichtet. Beispiel: Hund greift mich an und ich trete auf den Hund ein. Tier sind keine Sachen, es gelten aber Vorschriften wie der 228 BGB und 904, um ein Tier abzuwehren.

Welcher Straftatbestand wird durch einen Defensivnotstand gemäß 228 BGB gerechtfertigt?

Zivilrechtlicher Defensivnotstand (Sachwehr)

In Fällen des § 228 BGB geht die abzuwehrende Gefahr von der Sache aus, die beschädigt werden soll. § 228 BGB erlaubt daher beispielsweise das Treten eines angreifenden Hundes, sofern der Schaden am Hund nicht außer Verhältnis zu der vom Hund ausgehenden Gefahr steht.

Welche Notstandsregelung findet man im Zivilrecht?

Im Zivilrecht gibt es zwei verschiedene Arten des Notstands: defensiver Notstand, welcher gemäß § 228 BGB definiert wird, und. aggressiver Notstand, der aus § 904 BGB seine gesetzliche Regelung erhält.

Wann 34 StGB und wann 228 BGB?

§ 90a BGB werden Tiere allerdings entsprechend behandelt. Man wehrt sich somit gegen eine fremden Sache. Dies unterscheidet § 228 BGB auch gerade von § 34 StGB, welcher für Notstände gegen Menschen einschlägig ist. § 228 BGB rechtfertigt Sachbeschädigungen nach § 303 StGB.

Wo prüft man Notstand?

Notstandshandlung

a) Geeignetheit der Handlung zur Abwendung des Schadens b) Gefahr darf nicht anders abwendbar sein = Notwendig ist hier die Prüfung der Erforder- lichkeit. Die Handlung muss das mildeste Mittel darstellen. Allerdings müssen hier im Gegensatz zur Notwehr auch Ausweichmöglichkeiten wahrgenommen werden.

Welche Notstände gibt es?

Zivilrechtlich werden zwei verschiedene Notstandstatbestände geregelt: Der defensive Notstand nach § 228 BGB und der aggressive Notstand nach § 904 BGB.

Was ist der Unterschied zwischen Notwehr und Notstand?

Was ist der Unterschied zwischen Notstand und Notwehr? Bei der Notwehr muss grundsätzlich ein rechtswidriger Angriff erfolgen, beim Notstand reicht hingegen bereits eine drohende Gefahr aus.

Was ist ein Nötigungsnotstand?

Vom Nötigungsnotstand spricht man, wenn im Falle eines Notstandes die Notstandslage auf der Nötigung (§ 240) durch einen Dritten beruht, der Täter also zur Begehung einer Straftat genötigt wird.

Was ist Notstand einfach erklärt?

Als Notstand wird ein Zustand bezeichnet, in dem die Lebensbedingungen einer Gefahr ausgesetzt sind, die nur aufgrund außergewöhnlicher Maßnahmen zu beseitigen ist. Das Strafrecht unterscheidet den rechtfertigenden und den entschuldigenden Notstand.

Was versteht man unter Nothilfe im Sinne des 32 StGB?

Sowohl die Notwehr als auch die Nothilfe sind in § 32 StGB geregelt. Während bei der Notwehr ein Angriff auf den in Notwehr handelnden abgewehrt werden soll, bedeutet die Nothilfe die Verteidigung zu Gunsten einer dritten Person.

Was ist eine unerlaubte Handlung nach 823 BGB?

Die unerlaubte Handlung ist in § 823 BGB@ geregelt. Danach ist derjenige schadensersatzpflichtig, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt.

Welche entschuldigungsgründe gibt es?

Diese Entschuldigungsgründe sind insbesondere:
  • entschuldigender Notstand (§ 35 StGB)
  • Notwehrüberschreitung (§ 33 StGB)
  • dienstliche Anordnungen/Weisungen/Befehle (Nötigungsnotstand)
  • entschuldigende Pflichtenkollisionen.
  • Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens (insbesondere bei Fahrlässigkeitsdelikten)

Was ist Überschreitung der Notwehr?

Strafgesetzbuch (StGB) § 33 Überschreitung der Notwehr

Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.

Was ist Notstand 34 StGB?

Der rechtfertigende Notstand regelt eine Konfliktsituation zweier rechtlich geschützter Interessen und erlaubt grundsätzlich die Verletzung des von der Rechtsordnung geringer bewerteten Interesses, wenn der Täter nicht anders handeln kann, um das höherwertige Interesse zu schützen.

Was ist der entschuldigende Notstand?

Strafgesetzbuch (StGB) § 35 Entschuldigender Notstand

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld.

Welche Rechtsgüter schützt der Angriff Notstand gemäß 904 BGB?

Der "angreifende Notstand" i.S.v. § 904 BGB ist ebenfalls ein rechtfertigender Notstand. Zulässigkeitsvoraussetzungen sind: Gegenwärtige Gefahr. Erforderlichkeit des Zugriffs auf fremde Sachen zur Abwehr einer Gefahr.

Wann 34 prüfen?

§ 34 StGB sieht vor, dass die Gefahr nicht anders abwendbar sein dürfte. Damit ist die Erforderlichkeit der Notstandshandlung gemeint. Folglich muss die Verteidigungshandlung dazu geeignet sein, die Gefahr zu beseitigen. Darüber hinaus ist es notwendig, dass das mildeste, zugleich effektivste Mittel ausgewählt wird.

Wann liegt rechtfertigender Notstand vor?

Nach § 34 StGB ist der (rechtfertigende) Notstand die Abwehr, die erforderlich ist, um eine gegenwärtige Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden. Ein Notstand liegt vor, wenn sich der Täter aufgrund der Umstände gegen einen anderen wehren darf, um so den Schutz der betroffenen Rechtsgüter zu wahren.

Wann liegt eine notstandslage vor?

Notstandslage. Zunächst muss eine Notstandslage gegeben sein. Dies ist dann der Fall, wenn eine drohende gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Eigentum oder andere Rechtsgüter nicht anders abgewendet als durch Einwirkung auf ebenfalls rechtlich anerkannte Interessen abgewehrt werden kann.

Welche Jedermannsrechte gibt es?

Grundsätze Die Jedermannsrechte sind Rechte, die für „Jedermann“ gelten und umfassen das Notwehr-, Notstands- und Festnahmerecht. So dürfen auch zivile Personen in bestimmten Situationen von Zwangsmaßnahmen Gebrauch machen, die in der Regel nur Trägern von Hoheitsrechten (zum Beispiel die Polizei) obliegen.