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Was sind sogenannte Entschuldigungsgründe?

Gefragt von: Resi Simon  |  Letzte Aktualisierung: 22. September 2022
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Als Entschuldigungsgründe werden im deutschen Strafrecht bestimmte Umstände bezeichnet, bei deren Vorliegen die individuelle Vorwerfbarkeit sehr weit herabgesetzt ist und die Tat daher nicht mehr strafwürdig erscheint.

Was sind entschuldigungsgründe StGB?

Das Vorliegen von Entschuldigungsgründen führt zur Straflosigkeit des Täters. Grundsätzlich sind diese beim Prüfungspunkt „Schuld“ zu thematisieren. Als wesentliche Entschuldigungsgründe sind dabei der entschuldigende Notstand, die Notwehrüberschreitung sowie der übergesetzliche entschuldigende Notstand zu nennen.

Was ist der Unterschied zwischen einem Rechtfertigungsgrund und einem entschuldigungsgrund?

Entschuldigungsgründe führen dazu, dass die Schuld entfällt, der Täter kann somit nicht bestraft werden. Anders als bei Rechtfertigungsgründen bleibt jedoch die Rechtswidrigkeit der Tat bestehen.

Was sind die Schuldausschließungsgründe?

Strafrechtlich verurteilt werden kann nur eine Person, die schuldhaft gehandelt hat ( Schuld, Schuldfähigkeit). Als S. kommt eine Notwehrüberschreitung ( Notwehr), ein entschuldigender oder übergesetzlicher Notstand (z.

Was ist der entschuldigende Notstand?

Strafgesetzbuch (StGB) § 35 Entschuldigender Notstand

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld.

Die Schuld - Strafrecht AT 14

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Wann prüfe ich den entschuldigenden Notstand?

Eine Notstandshandlung ist erforderlich, wenn sie geeignet ist, die Gefahr abzuwenden und gleichzeitig das mildeste zur Verfügung stehende Mittel darstellt. -> zumutbare Handlungsalternativen müssen Berücksichtigt werden! Kein besonderes Rechtsverhältnis, dass eine erhöhten Hinnahmepflicht begründen würde.

Wann rechtfertigender Notstand wann Entschuldigender?

Was ist denn der Unterschied zwischen den beiden? Der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB) ist ein Rechtfertigungsgrund und gilt für alle Rechtsgüter. Der entschuldigende Notstand (§ 35 StGB) ist ein Entschuldigungsgrund und gilt nur für Leben, Leib, Freiheit.

Wann ist man nicht schuldfähig?

Als unzurechnungsfähig oder schuldunfähig gelten Personen, die an krankhaften seelischen Störungen, tiefgreifenden Bewusstseinsstörungen leiden oder aufgrund von Schwachsinn oder anderen schweren seelischen Abartigkeiten nicht in der Lage sind, das Unrecht einer Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist Notwehr ein Schuldausschließungsgrund?

Der Notwehrexzess ist ein Schuldausschließungsgrund. Die analoge Anwendung auf andere Rechtfertigungsgründe ist ausgeschlossen. Beim extensiven Notwehrexzess verteidigt sich der Täter, obwohl ein Angriff und damit die Notwehrlage noch nicht bzw. nicht mehr vorliegt.

Was ist ein Nötigungsnotstand?

Vom Nötigungsnotstand spricht man, wenn im Falle eines Notstandes die Notstandslage auf der Nötigung (§ 240) durch einen Dritten beruht, der Täter also zur Begehung einer Straftat genötigt wird.

Was gibt es für Rechtfertigungsgründe?

  • Rechtfertigungsgründe aus dem StGB: - Notwehr (§ 32 StGB) ...
  • Rechtfertigungsgründe außerhalb des StGB: ...
  • Gewohnheitsrechtliche Rechtfertigungsgründe: ...
  • Notwehr (§ 32 StGB) ...
  • Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB) ...
  • Vorläufige Festnahme (§ 127 I 1 StP0)
  • Rechtfertigende erklärte Einwilligung. ...
  • Rechtfertigende mutmaßliche Einwilligung.

Welche Rechtfertigungsgründe gibt es im BGB?

Aus dem BGB. Im Rahmen des BGB sind folgende Rechtfertigungsgründe relevant: Der Defensivnotstand (§ 228), der Aggressivnotstand (§ 904), das allgemeine Selbsthilferecht (§ 229) und das Selbsthilferecht des Besitzers (§ 859). Diese Rechtfertigungsgründe sind nicht abschließend.

Kann man schuldig werden ohne ein Gesetz übertreten zu haben?

Prüfung von Irrtümern in der Schuld. Ein Täter handelt jedoch auch nur dann schuldhaft, wenn er bei Begehung der Tat ein Unrechtsbewusstsein hatte. Ihm muss also bewusst sein, dass er ein bestimmtes Rechtsgut verletzt. Ein Unrechtsbewusstsein hat er daher insbesondere dann nicht, wenn er einem Irrtum unterlegen war.

Wann wird 35 StGB geprüft?

Bei § 35 StGB müssen dagegen Leib, Leben oder Freiheit gefährdet sein. Außerdem wird innerhalb des rechtfertigenden Notstandes eine Interessenabwägung verlangt. Dagegen wird innerhalb des § 35 nur geprüft, ob der Täter die Gefahr hinzunehmen hatte.

Was ist ein Strafausschließungsgrund?

Strafausschließungsgründe. Strafausschließungsgründe sind Umstände, die bereits bei der Tatbegehung vorgelegen haben müssen und von vornherein zur Straflosigkeit führen. Diese Privilegierung kann unterschiedlich motiviert sein.

Wie prüft man notwehrexzess?

Von § 33 StGB ist zumindest der intensive Notwehrexzess erfasst. Ein intensiver Notwehrexzess liegt vor, wenn der Täter bei tatsächlich vorliegender Notwehrlage die Grenzen der Notwehr hinsichtlich der Intensität überschreitet (Joecks, Studienkommentar-StGB, § 33 Rn. 2).

Was ist ein Asthenischer Affekt?

[1] „Von einem asthenischen Affekt spricht man im Strafrecht bei einer Gemütsbewegung, z.B. hochgradige Erregung, Furcht oder Schrecken die zur Begehung einer Straftat geführt hat.

Was ist eine gerichtlich strafbare Handlung?

Eine Handlung – also ein Tun oder Unterlassen – ist dann strafbar, wenn sie tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft ist. Der Tatbestand ist die gesetzliche Umschreibung der verbotenen Tat. Hier spielt es auch eine Rolle, ob der Täter fahrlässig oder vorsätzlich handelt.

Wann prüft man den notwehrexzess?

Extensiver Notwehrexzess. Ein Notwehrexzess liegt nach § 33 des StGB dann vor, wenn der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschreitet. Die (Rechts-)Folge eines solchen Exzesses ist, dass die Tat straffrei bleibt, da der Täter nicht schuldhaft gehandelt hat.

Was ist eine krankhafte seelische Störung?

Krankhafte seelische Störungen sind endogene und exogene Psychosen. Zu ersteren gehören Formen der Schizophrenie und andere Persönlichkeitsstörungen. Letztere sind Störungen mit hirnorganischer Ursache, wozu akute Intoxikationspsychosen durch Alkohol- oder Drogen zählen.

Wer prüft Schuldfähigkeit?

Der Senat ist zu einer eigenständigen Prüfung berufen, ob die Voraussetzungen des § 21 StGB vorliegen. Er ist nicht an die Feststellung des Amtsgerichts …, dass der Beklagte die Straftaten im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen habe, gebunden.

Wie wird Schuldunfähigkeit festgestellt?

Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist. Zwischen dem vierzehnten und dem achtzehnten Lebensjahr muss die Schuldfähigkeit festgestellt werden, sie setzt die sittliche und geistige Reife voraus, das Unrecht der Tat einzusehen.

Was für Notstände gibt es?

Zivilrechtlich werden zwei verschiedene Notstandstatbestände geregelt: Der defensive Notstand nach § 228 BGB und der aggressive Notstand nach § 904 BGB. Beide richten sich gegen das Rechtsgut fremden Eigentums.

Was ist ein rechtfertigender Notstand Beispiel?

Die Gefahr durch einen bissigen Hund mit einem Regenschirm abzuwehren, kann im Sinne vom Notstand gerechtfertigt sein. Beispiel: Ein Mann droht, sich mit Benzin zu übergießen und sich so selbst zu töten.

Was ist der Unterschied zwischen Notwehr und Notstand?

Was ist der Unterschied zwischen Notstand und Notwehr? Bei der Notwehr muss grundsätzlich ein rechtswidriger Angriff erfolgen, beim Notstand reicht hingegen bereits eine drohende Gefahr aus.