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Was ist der entschuldigende Notstand?

Gefragt von: Annelies Pape  |  Letzte Aktualisierung: 10. September 2022
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Strafgesetzbuch (StGB) § 35 Entschuldigender Notstand
(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld.

Wann prüfe ich den entschuldigenden Notstand?

Eine Notstandshandlung ist erforderlich, wenn sie geeignet ist, die Gefahr abzuwenden und gleichzeitig das mildeste zur Verfügung stehende Mittel darstellt. -> zumutbare Handlungsalternativen müssen Berücksichtigt werden! Kein besonderes Rechtsverhältnis, dass eine erhöhten Hinnahmepflicht begründen würde.

Was ist der Unterschied zwischen rechtfertigender Notstand und entschuldigender Notstand?

Was ist denn der Unterschied zwischen den beiden? Der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB) ist ein Rechtfertigungsgrund und gilt für alle Rechtsgüter. Der entschuldigende Notstand (§ 35 StGB) ist ein Entschuldigungsgrund und gilt nur für Leben, Leib, Freiheit.

Was sind sogenannte Entschuldigungsgründe?

Als Entschuldigungsgründe werden im deutschen Strafrecht bestimmte Umstände bezeichnet, bei deren Vorliegen die individuelle Vorwerfbarkeit sehr weit herabgesetzt ist und die Tat daher nicht mehr strafwürdig erscheint.

Ist der entschuldigende Notstand ein Rechtfertigungsgrund?

„Notstand“ ist in Deutschland gemäß § 34 StGB ein Rechtfertigungsgrund, der in Abgrenzung zum nachrangigen, entschuldigenden Notstand im Sinne von § 35 StGB und wohl auch dem Nötigungsnotstand, die Rechtswidrigkeit einer tatbestandsmäßigen Handlung beseitigt.

Entschuldigender Notstand, § 35 StGB - Strafrecht AT 17

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Was ist der Unterschied zwischen Notstand und Notwehr?

Was ist der Unterschied zwischen Notstand und Notwehr? Bei der Notwehr muss grundsätzlich ein rechtswidriger Angriff erfolgen, beim Notstand reicht hingegen bereits eine drohende Gefahr aus.

Was ist ein rechtfertigender Notstand Beispiel?

Die Gefahr durch einen bissigen Hund mit einem Regenschirm abzuwehren, kann im Sinne vom Notstand gerechtfertigt sein. Beispiel: Ein Mann droht, sich mit Benzin zu übergießen und sich so selbst zu töten.

Was ist der Unterschied zwischen einem Rechtfertigungsgrund und einem entschuldigungsgrund?

Entschuldigungsgründe führen dazu, dass die Schuld entfällt, der Täter kann somit nicht bestraft werden. Anders als bei Rechtfertigungsgründen bleibt jedoch die Rechtswidrigkeit der Tat bestehen.

Wie prüft man die Schuld?

Prüfung von Irrtümern in der Schuld. Ein Täter handelt jedoch auch nur dann schuldhaft, wenn er bei Begehung der Tat ein Unrechtsbewusstsein hatte. Ihm muss also bewusst sein, dass er ein bestimmtes Rechtsgut verletzt. Ein Unrechtsbewusstsein hat er daher insbesondere dann nicht, wenn er einem Irrtum unterlegen war.

Was ist ein Nötigungsnotstand?

Vom Nötigungsnotstand spricht man, wenn im Falle eines Notstandes die Notstandslage auf der Nötigung (§ 240) durch einen Dritten beruht, der Täter also zur Begehung einer Straftat genötigt wird.

Wann liegt rechtfertigender Notstand vor?

Nach § 34 StGB ist der (rechtfertigende) Notstand die Abwehr, die erforderlich ist, um eine gegenwärtige Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden. Ein Notstand liegt vor, wenn sich der Täter aufgrund der Umstände gegen einen anderen wehren darf, um so den Schutz der betroffenen Rechtsgüter zu wahren.

Was ist Notstand 34a?

Der rechtfertigende Notstand erlaubt es, eine Straftat zu begehen um eine Gefahr von sich oder einer anderen Person abzuwenden, wenn ein Rechtsgut durch diese gegenwärtige Gefahr verletzt zu werden droht oder verletzt wird.

Bei welchen Rechtsgütern kann der entschuldigende Notstand Anwendung finden?

Der entschuldigende Notstand, § 35 StGB

Im Vergleich zu § 34 StGB sind die Anforderungen an die Notstandslage höher: Notstandsfähige Rechtsgüter sind Leib, Leben, Freiheit (abschließende Aufzählung) und der Personenkreis beschränkt sich auf den Täter selbst oder Angehörige bzw. nahestende Personen.

Was ist bei Notstand erlaubt?

Der rechtfertigende Notstand regelt eine Konfliktsituation zweier rechtlich geschützter Interessen und erlaubt grundsätzlich die Verletzung des von der Rechtsordnung geringer bewerteten Interesses, wenn der Täter nicht anders handeln kann, um das höherwertige Interesse zu schützen.

Wann wird 35 StGB geprüft?

1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte. (2) 1Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte.

Wo prüft man rechtfertigenden Notstand?

Notstandshandlung

a) Geeignetheit der Handlung zur Abwendung des Schadens b) Gefahr darf nicht anders abwendbar sein = Notwendig ist hier die Prüfung der Erforder- lichkeit. Die Handlung muss das mildeste Mittel darstellen. Allerdings müssen hier im Gegensatz zur Notwehr auch Ausweichmöglichkeiten wahrgenommen werden.

Welche Arten von Schuld gibt es?

Wir unterscheiden zwischen objektiver und subjektiver Bedeutung von Schuld. Objektive Schuld ist die normwidrige Handlung selbst und meint, dass jemand geltendes Recht verletzt und insofern zum Täter wird. Subjektive Schuld meint, dass der Täter auch für seine Tat rechtlich verantwortlich sein kann.

Wie lautet der 3 stufige Deliktsaufbau?

So gilt in Klausuren stets der dreistufige Deliktsaufbau (Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld).

Wann handelt der Täter ohne Schuld?

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.

Ist Putativnotwehr strafbar?

Die Putativnotwehr stellt einen Unterfall des Erlaubnistatbestandsirrtums dar, dessen Behandlung in der Strafrechtslehre strittig ist. Irrt der Täter hingegen über die rechtlichen Grenzen der Notwehr, also über seine Notwehrhandlung, so liegt bei ihm ein Erlaubnisirrtum vor.

Wann prüft man den notwehrexzess?

Ein Notwehrexzess liegt nach § 33 des StGB dann vor, wenn der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschreitet. Die (Rechts-)Folge eines solchen Exzesses ist, dass die Tat straffrei bleibt, da der Täter nicht schuldhaft gehandelt hat.

Wann ist man Strafunfähig?

Als unzurechnungsfähig oder schuldunfähig gelten Personen, die an krankhaften seelischen Störungen, tiefgreifenden Bewusstseinsstörungen leiden oder aufgrund von Schwachsinn oder anderen schweren seelischen Abartigkeiten nicht in der Lage sind, das Unrecht einer Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Welche Jedermannsrechte gibt es?

Grundsätze Die Jedermannsrechte sind Rechte, die für „Jedermann“ gelten und umfassen das Notwehr-, Notstands- und Festnahmerecht. So dürfen auch zivile Personen in bestimmten Situationen von Zwangsmaßnahmen Gebrauch machen, die in der Regel nur Trägern von Hoheitsrechten (zum Beispiel die Polizei) obliegen.

Wann greift 34 StGB?

Gemäß § 34 StGB ist rechtfertigender Notstand nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut. Gefahr kann nur durch die vorgenommene Handlung abgewehrt werden. Geschütztes Rechtsgut muss das beeinträchtigte Rechtsgut wesentlich überwiegen (Güterabwägung)

Welche Rechtsgüter schützt 34 StGB rechtfertigender Notstand?

Rechtfertigender Notstand: Definition

Als notstandsfähig sind darin Leben, Leib, Ehre, Freiheit, Eigentum und andere geschützte Rechtsgüter benannt, die von einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr bedroht sind.