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Wann ist eine Geschäftsführung ohne Auftrag gerechtfertigt?

Gefragt von: Vladimir Heller  |  Letzte Aktualisierung: 11. September 2022
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Damit ein Fall der echten Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt, muss der Geschäftsführer subjektiv „für einen anderen“ (§ 677 BGB) tätig werden (Fremdgeschäftsführungswille). Geht er hingegen davon aus, allein in Eigeninteresse zu handeln, liegt ein Fall der unechten GoA vor (§ 687 BGB).

Welche Handlungen fallen unter Geschäftsführung ohne Auftrag?

Entsprechend der zivilrechtlichen Definition liegt eine Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) vor, wenn jemand (Geschäftsführer) ein fremdes Geschäft für einen anderen (Geschäftsherr) besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein.

Was versteht man unter einer Geschäftsführung ohne Auftrag?

Schuldverhältnis, das nicht aufgrund eines Rechtsgeschäfts, sondern gesetzlich entsteht. Ein Geschäftsführer (GF) ist für einen Geschäftsherrn (GH) tätig geworden, ohne dass vorher eine Beauftragung hierfür erfolgte.

Welche Besonderheit liegt bei der Geschäftsführung ohne Auftrag vor?

b) unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag: Der Geschäftsführer hat für seine Aufwendungen lediglich einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Im Gegenzug trifft ihn neben den Pflichte des berechtigten Geschäftsführers die Schadensersatzpflicht aus einem Übernahmeverschulden (§ 678 BGB).

Wann ist GoA nicht anwendbar?

Insoweit die Parteien durch ein besonderes vertragliches Verhältnis verbunden sind und besondere Vorschriften für den Aufwendungsersatz (Gewährleistungsrechte) existieren, ist die Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich ausgeschlossen.

Schuldrecht I Einführung Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) (§§ 677 ff. BGB) I RA Mario Kraatz

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Wann kommt GoA in Betracht?

Die GoA kommt in diesem Fall nur in Betracht, wenn sich die Verpflichtung des Geschäftsführers nicht aus einem direkten Rechtsverhältnis zum Geschäftsherrn ergibt (siehe unter c.), sondern auf eine andere rechtliche Grundlage zurückgeht.

Ist GoA Rechtsgrund?

Zudem bildet die berechtigte GoA einen Rechtsgrund i.S.v. § 812 I Alt. 1 für Leistungen, die im Rahmen der Geschäftsführung gewährt werden. Aufwendungsersatz, §§ 683 S. 1, 670; beachte aber § 685 (Schenkungsabsicht).

Wann GoA?

Führt der Geschäftsführer ein objektiv fremdes Geschäft als sein eigenes aus, greift er unbefugt in fremde Interessen ein. An diesen Sonderfall der Eigengeschäftsführung knüpft die GoA mit der Regelung der „unechten“ GoA an.

Was ist eine berechtigte GoA?

Eine berechtigte GoA liegt nach § 683 S. 1 vor, wenn die Übernahme des Geschäfts dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn (Übernahmewille des Geschäftsherrn) entspricht.

Wann ist ein Geschäft fremd?

Ein Fremdgeschäftsführungswille liegt dann vor, wenn der Geschäftsführer das Geschäft nicht als eigenes, sondern als fremdes vornimmt, also in dem Bewusstsein und mit dem Willen handelt, im Interesse (irgend)eines anderen tätig zu werden.

Wann wird GoA geprüft?

Als nächstes werden Ansprüche aus GoA (Geschäftsführung ohne Auftrag) nach §§ 677 ff. BGB geprüft. Eine berechtigte GoA wirkt ähnlich wie ein Vertrag; sie kann ein Recht zum Besitz oder einen Rechtfertigungsgrund darstellen. Aus diesem Grunde werden GoA-Ansprüche direkt nach den vertraglichen Ansprüchen geprüft.

Was sind Aufwendungen GoA?

Gemäß § 683 BGB steht einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) der Ersatz ihrer Aufwendungen zu, sofern die Übernahme der Geschäftsführung durch sie im Interesse des Geschäftsherren geschieht und auch dessen mutmaßlichem Willen entspricht.

Wer übernimmt die Geschäftsführung in einer GmbH?

Der Geschäftsführer einer GmbH übernimmt die Aufgaben eines Arbeitgebers.

Wer ist Geschäftsführer und wer Geschäftsherr?

Derjenige, der im Rechtskreis eines anderen tätig wird, ist der Geschäftsführer. Die Person, dessen Geschäfte geführt werden, ist der Geschäftsherr.

Was versteht man unter einer Geschäftsführung?

Unter Geschäftsführung (oder Geschäftsleitung) versteht man im Gesellschaftsrecht eine oder mehrere natürliche Personen, die bei Unternehmen oder sonstigen Personenvereinigungen mit der Führung der Geschäfte betraut sind und die Gesellschaft als Organ gerichtlich und außergerichtlich organschaftlich vertreten.

Ist die unberechtigte GoA ein gesetzliches Schuldverhältnis?

Die GoA ist ein gesetzliches SV, obwohl die §§ 677 – 687 in den vertraglichen Schuldverhältnissen verortet sind.

Was ist Ausführungsverschulden?

Bei einem Ausführungsverschulden schuldet der Geschäftsführer Schadensersatz aus den §§ 280 ff. BGB (die berechtigte GoA begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis). Achtung: Das Ausführungsverschulden betrifft das „Wie“ der Geschäftsführung.

Bin ich als angestellter Geschäftsführer haftbar?

Zu beachten ist, dass Arbeitnehmer:innen nur eingeschränkt oder, aufgrund der privilegierten Arbeitnehmerhaftung, teils gar nicht haften. Ein angestellter Geschäftsführer hingegen haftet bereits bei leichter Fahrlässigkeit uneingeschränkt mit seinem vollen Privatvermögen.

Ist ein angestellter Geschäftsführer haftbar?

Während ein Arbeitnehmer für Schäden, die er während der Ausübung seiner Tätigkeit verursacht, nur eingeschränkt oder gar nicht haftet (privilegierte Arbeitnehmerhaftung), haften Sie als angestellter Geschäftsführer hingegen schon bei leichter Fahrlässigkeit gegenüber der Gesellschaft und Dritten uneingeschränkt mit ...

Wann darf man nicht Geschäftsführer werden?

Eine Person kann nicht zum Geschäftsführer bestellt werden, wenn sie wegen bestimmter Straftaten verurteilt wurde (§ 6 Abs. 2, Nr. 3 GmbHG). Solche Strafttaten sind z.B. Insolvenzverschleppung, Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht oder Gläubiger- oder Schuldnerbegünstigung.

Was sperrt das EBV?

Sperrwirkung des EBV. Die Vorschriften des EBV regeln Ansprüche zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer grundsätzlich abschließend. Dies bedeutet, dass neben den Ansprüchen aus dem EBV Bereicherungs– und Deliktsansprüche oder GoA nicht geprüft werden dürfen; diese sind bei Vorliegen eines EBV „gesperrt„.

Wann EBV prüfen?

Das Vorliegen eines EBV hängt immer von einer Vindikationslage ab. Die Voraussetzungen einer Vindikationslage prüft man als ersten Prüfpunkt in jeder Anspruchsgrundlage des EBV. Diese ist quasi die „Eintrittskarte“ in die weitere Prüfung eines jeden Anspruches aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.

Welche Ansprüche prüft man zuerst?

Vertragliche Ansprüche. Vertragliche Ansprüche sind stets zuerst zu prüfen. Denn diese können die Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließen, einen Rechtfertigungsgrund für deliktisches Handeln, sowie einen Rechtsgrund bieten, welcher Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (Kondiktionsansprüche) ausschließt.

Wann prüft man 241 BGB?

Sie liegt vor, wenn der Schuldner von seinem durch das Schuldverhältnis begründeten Pflichtenprogramm abweicht. Eine solche Abweichung ist stets gegeben, wenn der Schuldner seine leistungsbezogene Pflicht (§ 241 I BGB) nicht oder nicht ordnungsgemäß erbringt, oder wenn er eine nichtleistungsbezogene Schutzpflicht gem.

In welcher Reihenfolge prüft man Ansprüche?

Vertragliche Ansprüche sind stets als erstes zu prüfen. Der Grund dafür liegt darin, dass ein Vertrag beispielsweise eine Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließen, einen Rechtfertigungsgrund für deliktisches Handeln, oder einen im Bereicherungsrecht beachtlichen Rechtsgrund bieten kann.