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Was versteht man unter einem Rechtfertigungsgrund?

Gefragt von: Karla Keller  |  Letzte Aktualisierung: 5. September 2023
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Rechtfertigungsgründe sind Umstände, die die Rechtswidrigkeit einer Handlung ausschließen. Nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung soll ein und dasselbe Verhalten nicht in einem Teilbereich der Rechtsordnung als erlaubt, in einem anderen dagegen als verboten angesehen werden.

Was gibt es für Rechtfertigungsgründe?

Als Rechtfertigungsgründe aus dem StGB sind die Notwehr (§ 32), der rechtfertigende Notstand (§ 34) und die wenig klausurrelevante Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen der Beleidigungsdelikte (§ 193) zu nennen.

Wie werden Rechtfertigungsgründe noch genannt?

Diese speziellen Rechtsfertigungsgründe im Strafrecht gestatten ein an und für sich verbotenes Verhalten; sie werden daher auch Erlaubnistatbestände genannt.

Was schließen Rechtfertigungsgründe aus?

Die Einwilligung rechtfertigt die Tat, das Einverständnis schließt bereits die Tatbestandsmäßigkeit der Tathandlung aus. Ein Einverständnis ist möglich bei Delikten, die gerade darauf beruhen, daß die tatbestandsmäßige Handlung gegen oder ohne den Willen des Betroffenen vorgenommen wird.

Welche Rechtfertigungsgründe findet man im BGB?

Notwehr (227 BGB), erlaubte Selbsthilfe (229 BGB, § 561 BGB, § 859 BGB, § 1029 BGB), zivilrechtlicher Notstand (228 BGB, § 904 BGB), besondere Rechte von Amtsträgern (§ 758 ZPO, § 808 ZPO, § 909 ZPO)

Rechtfertigungsgründe

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Wo prüft man Rechtfertigungsgründe?

Denn grundsätzlich müssen alle in Frage kommenden Rechtfertigungsgründe geprüft werden, jedoch nicht alle unter dem Blickwinkel von § 32 StGB betrachtet werden 9.
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Literaturempfehlungen:
  • Joecks, Studienkommentar StGB*
  • Frister, Strafrecht AT*
  • Wessels/Beulke, Strafrecht AT*
  • Rengier, Strafrecht AT*

Was sind die 10 Jedermannsrechte?

Grundsätze Die Jedermannsrechte sind Rechte, die für „Jedermann“ gelten und umfassen das Notwehr-, Notstands- und Festnahmerecht. So dürfen auch zivile Personen in bestimmten Situationen von Zwangsmaßnahmen Gebrauch machen, die in der Regel nur Trägern von Hoheitsrechten (zum Beispiel die Polizei) obliegen.

Was ist eine Rechtfertigung?

Rechtfertigung. Bedeutungen: [1] Begründung, weshalb eine Behauptung, ein bestimmtes Verhalten oder sonst ein Umstand (sachlich, rechtlich, moralisch) richtig, vertretbar oder jemandem ausnahmsweise nicht vorwerfbar sei.

Ist Notstand ein Rechtfertigungsgrund?

Nach StGB (§§ 34 und 35) kann ein Notstand Rechtfertigungs- oder Entschudligungsgrund sein. Neben dem rechtfertigenden existiert im Strafrecht auch der entschuldigende Notstand. Bei diesem bleibt die ausgeübte Handlung grundlegend rechtswidrig.

Was ist ein rechtfertigender Notstand Beispiel?

Nehmen wir an, ein Wanderer wird von starkem Schneefall überrascht und kann sich nur vor dem Erfrierungstod retten, indem er eine leerstehende Hütte aufbricht. Er begeht in diesem Moment zwar eine Straftat (Hausfriedensbruch, ggf. Sachbeschädigung), ist aber gerechtfertigt, weil er in Lebensgefahr schwebte.

Wie prüft man Schuld?

Prüfung von Irrtümern in der Schuld. Ein Täter handelt jedoch auch nur dann schuldhaft, wenn er bei Begehung der Tat ein Unrechtsbewusstsein hatte. Ihm muss also bewusst sein, dass er ein bestimmtes Rechtsgut verletzt. Ein Unrechtsbewusstsein hat er daher insbesondere dann nicht, wenn er einem Irrtum unterlegen war.

Wie prüft man die Schuld?

Während es beim Tatbestand und der Rechtwidrigkeit um die Beantwortung der Frage geht, ob die Tat im Widerspruch zur Rechtsordnung steht, wird bei der Schuld die Frage beantwortet, ob dem Täter diese rechtwidrige Tat auch persönlich vorzuwerfen ist. Das Strafrecht geht damit vom Schuld- und Verantwortungsprinzip aus.

Welchen Rechtfertigungsgrund finden wir in der StPO?

Das Festnahmerecht, § 127 StPO. Das Festnahmerecht nach § 127 Abs. 1 StPO stellt neben den §§ 32, 34 StGB einen wichtigen Rechtfertigungsgrund dar und sollte deshalb zumindest in den wesentlichen Züge bereits im ersten Staatsexamen beherrscht werden.

Wann liegt rechtfertigender Notstand vor?

Nach § 34 StGB ist der (rechtfertigende) Notstand die Abwehr, die erforderlich ist, um eine gegenwärtige Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden. Ein Notstand liegt vor, wenn sich der Täter aufgrund der Umstände gegen einen anderen wehren darf, um so den Schutz der betroffenen Rechtsgüter zu wahren.

Wann prüfe ich Notwehr und wann Notstand?

Unterschied zum Notstand

Einerseits bedingt die Notwehr einen unrechtmässigen Angriff, was beim Notstand nicht gegeben sein muss und häufig auch nicht der Fall ist. Beim Notstand muss lediglich eine Gefahr für ein Rechtsgut gegeben sein, woraus sich diese begründet, ist unerheblich.

Ist 228 StGB ein Rechtfertigungsgrund?

“ Zwar ist der § 228 StGB kein eigenständiger Rechtfertigungsgrund, allerdings konturiert diese Vorschrift die Grenzen des ungeschriebenen Rechtfertigungsgrundes der „rechtfertigenden Einwilligung“.

Welche Arten von Notstand gibt es?

Zivilrechtlich werden zwei verschiedene Notstandstatbestände geregelt: Der defensive Notstand nach § 228 BGB und der aggressive Notstand nach § 904 BGB. Beide richten sich gegen das Rechtsgut fremden Eigentums.

Was ist das mildeste Mittel?

Als relativ mildestes Mittel gilt dasjenige Mittel, dass bei gleicher Wirksamkeit zur endgültigen Abwehr des Angriffs den geringsten Schaden anrichtet. Mit anderen Worten: es ist das mildeste Mittel zu wählen, das den Angriff sicher und endgültig abwehren kann.

Wer handelt schuldhaft?

Schuldhaft handelt derjenige, der gegen eine Rechtspflicht handelt, obwohl er hätte anders handeln können, dies jedoch wissentlich und willentlich (= vorsätzlich) oder entgegen der im Rechtsverkehr gebotenen Sorgfalt (= fahrlässig) nicht tat.

Wie rechtfertigt man sich?

Achten Sie einmal bewusst darauf, wie oft Sie Ihr Handeln anderen gegenüber oder auch sich selbst gegenüber rechtfertigen. „Ich konnte ja nicht anders …“ oder Sätze wie „Ich musste ja“ oder „Es wurde ja von mir verlangt“ sind typische Hinweise für Rechtfertigung.

Was heißt zu rechtfertigen?

Bedeutungen: [1] begründen, darlegen, warum etwas so, wie es ist, richtig sei. [2] Grund genug für etwas sein, einen guten Grund für etwas darstellen. [3] reflexiv: begründen, darlegen, warum man selbst eine bestimmte Entscheidung getroffen oder eine bestimmte Handlung vollzogen oder unterlassen hat.

Wann ist etwas gerechtfertigt?

[1] sich als richtig erweisend, stimmend. [2] für etwas eine Rechtfertigung habend, angebracht, vertretbar. Synonyme: [2] berechtigt, legitim, verantwortbar, statthaft.

Wann darf ein Polizist mich verhaften?

Die Polizei kann eine Person entweder vorläufig oder aufgrund eines Haftbefehls festnehmen. Eine vorläufige Festnahme im Sinne des § 127 StPO kommt in Betracht, wenn eine Person unmittelbar während oder nach einer Straftat gestellt wird und Fluchtverdacht besteht oder die Identität des Täters nicht feststellbar ist.

Ist es erlaubt jemanden festzuhalten?

Gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) ist jedermann befugt, eine Person ohne rechtliche Anordnung vorläufig festzunehmen, wenn die Person auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird, der Flucht verdächtig ist oder ihre Identität nicht sofort festzustellen ist.

Wann darf man jemanden festhalten bis die Polizei kommt?

Jedermann kann eine Person auf frischer Tat zur Identitätsfeststellung festhalten (§ 127 Abs. 1 StPO). Staatsanwaltschaft und Polizei können eine Person bei Gefahr im Verzug auch ohne Bezug zu einer frischen Tat festnehmen (§ 127 Abs. 2 StPO).