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Was ist juristisch sittenwidrig?

Gefragt von: Frau Prof. Dr. Christel Springer B.A.  |  Letzte Aktualisierung: 10. August 2023
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Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Unter Sittenwidrigkeit versteht man – ganz allgemein und auf eine Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückgehend – ein Verhalten, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Was ist sittenwidrig Beispiel?

Z. B. ist ein Vertrag ( Vertrag, privatrechtlicher) sittenwidrig, mit dem sich jemand verpflichtet, einen Diebstahl oder Mord zu begehen. Dieser Vertrag ist unwirksam und es entsteht also kein Anspruch, dass die Straftat auch wirklich begangen wird.

Wann liegt ein sittenwidriges Rechtsgeschäft vor?

Voraussetzung ist zunächst ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Als weitere Voraussetzung muss hinzukommen, dass hierdurch eine Zwangslage, die Unerfahrenheit, der Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche des anderen ausgenutzt wird.

Was ist ein sittenwidriges Rechtsgeschäft?

Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Person in der Öffentlichkeit ohne Hose herumläuft. In der Rechtsprechung wird etwas als sittenwidrig bezeichnet, wenn es gegen das Anstandsgefühl eines jeden Menschen verstößt, der billig und gerecht denkt.

Wann ist eine Tat sittenwidrig?

Sittenwidrig ist die Tat nach allgemeiner Definition, wenn sie dem "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" widerspricht. Da die Formel sehr unpräzise ist, ist eine klare Abgrenzung oft problematisch. Entscheidend sind die mit dem Eingriff verbundenen Ziele und der Zweck des ärztlichen Handelns.

Sittenwidrigkeit (§ 228 StGB)

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Was ist nicht sittenwidrig?

Ein Vertrag wird nicht sittenwidrig, wenn nachträglich ein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbares Missverhältnis zwischen vertraglich vereinbarter Leistung und Gegenleistung entsteht.

Wie prüft man Sittenwidrigkeit?

„Als sittenwidrig im Sinne dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft zu beurteilen, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist.

Was verstösst gegen die guten Sitten?

Dies bedeutet, dass das Rechtsgeschäft gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen muss. Hier gibt es bestimmte Fallgruppen. Beispiel: Die krasse finanzielle Überforderung des Bürgen, der Familienangehöriger ist, führt grundsätzlich zur Sittenwidrigkeit des Bürgschaftsvertrags.

Wann verstößt etwas gegen die guten Sitten?

Was aber nun ist unter den „guten Sitten“ zu verstehen? Nach geläufiger Definition ist eine Körperverletzung sittenwidrig, wenn sie „gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstößt.

Was sind gute Sitten Recht?

Gute Sitten ist der positive moralische Wert der Sitte. Der Begriff umfasst das Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl aller moralisch und gerecht Denkenden (Erwachsenen) in der Gesellschaft und entspricht folglich der vorherrschenden Rechts- und Sozialmoral.

Wann ist Wucher strafbar?

Das Wichtigste in Kürze: Um einen Preis als Wucher zu bezeichnen, muss er mindestens doppelt so hoch sein wie marktüblich. Außerdem muss der Anbieter eine Notlage ausnutzen. Ob Wucher vorliegt, muss in jedem Einzelfall juristisch geprüft werden.

Wann sind Rechtsgeschäfte von Anfang an nichtig?

Nichtigkeit tritt ein, wenn das Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB) verstößt (v.a. wucherisch ist, Wucher), der gesetzlich vorgeschriebenen oder vereinbarten Form ermangelt (§ 125 BGB) oder wirksam angefochten ist (§ 142 BGB, Anfechtung). Vgl. auch Teilnichtigkeit.

Was ist Wucher Beispiel?

Beispiele für Wucher kennt vermutlich jeder von uns: Schlüsseldienste, die für ihre Leistungen überzogen hohe Rechnungen stellen. Onlineshops, die für ihre Ware das Vielfache des üblichen Preises verlangen. Makler, die Räume weit über dem Durchschnitt der ortsüblichen Vergleichsmieten vermieten.

Was ist eine sittenwidrige Härte?

Eine sittenwidrige Härte bedeutet die Versteigerung dann, wenn die Versteigerung eine Verschleuderung der Immobilie bedeutet oder dem Schuldner die Versteigerung aus anderen Gründen nicht zugemutet werden kann.

Kann eine Kündigung sittenwidrig sein?

Eine sittenwidrige Kündigung kann nur dann angenommen werden, wenn der AG von seinem Kündigungsrecht aus gänzlich unsachlichen und insbesondere aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zu missbilligenden Motiven, etwa wegen des Religionsbekenntnisses oder der politischen Einstellung des AN, Gebrauch gemacht hätte.

Was bedeutet Paragraph 138 BGB?

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher. (1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

Was verstößt gegen Treu und Glauben?

Darüber hinaus kann es gegen Treu und Glauben verstoßen, das verspätete Angebot zurückzuweisen, wenn bereits beide Parteien im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags Dispositionen getroffen haben. Außerdem muss die Geschädigte an der Sachaufklärung mitwirken.

Was ist ein Knebelungsvertrag?

Knebelungsverträge sind solche Verträge, die die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit eines Vertragspartners im Ganzen oder in wesentlichen Teilen so sehr beschränken, dass dieser seine freie Selbstbestimmung verliert.

Wer kann sich auf Sittenwidrigkeit berufen?

1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und weitere Umstände hinzutreten, die die Sittenwidrigkeit begründen, vor allem eine verwerfliche Gesinnung oder die Ausbeutung der schwierigen Lage oder Unerfahrenheit für das eigene unangemessene Gewinnstreben.

Was bedeutet Paragraph 134?

Gesetzeswidrigkeit (§ 134 BGB) § 134 BGB ordnet an: "Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt". Diese Bestimmung dient der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.

Was ist ein verbotsgesetz 134 BGB?

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 134 Gesetzliches Verbot

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Wie kann ein Anspruch erlöschen?

Gemäß § 362 I erlischt der Anspruch, wenn die geschuldete Leis- tung an den Gläubiger bewirkt wird. Bewirken heißt, dass der ge- schuldete Leistungserfolg eingetreten sein muss.

Ist Wucher sittenwidrig?

Wucher kann nicht nur sittenwidrig, sondern auch eine Straftat sein und wird dann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.

Wo werden Rechtshindernde Einwendungen geprüft?

Die rechtshindernden Einwendungen, also die Wirksamkeitshindernisse, wenden sich gegen die Entstehung eines Anspruchs. Ein Anspruch der einer rechtshindernden Einwendung unterliegt, entsteht erst gar nicht. Daher muss diese Art der Einwendungen unter dem Punkt „Anspruch entstanden“ geprüft werden.

Ist ausnutzen strafbar?

§ 177 Abs. 2 StGB setzt darüber hinaus eine Form des Ausnutzens voraus. Das Gesetz unterscheidet dabei fünf Fälle: Nach Nummer 1 ist strafbar, wenn der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern.

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