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Wann ist ein Vergleich sittenwidrig?

Gefragt von: Herr Dr. Karl-Ludwig Schulze B.Sc.  |  Letzte Aktualisierung: 22. September 2022
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Sittenwidrigkeit eines Vergleichs kann gegeben sein, wenn ein ungewöhnliches Missverhältnis zwischen den gegenseitigen rechtlichen Möglichkeiten vor Abschluss des Vergleichs und der durch den Vergleich geschaffenen Lage gegeben ist.

Wann ist ein Vergleich ungültig?

Das ist der Fall, wenn der Vergleich wegen arglistiger Täuschung angefochten wird (§§ 123, 142 Abs. 1 BGB) oder sittenwidrig ist (§ 138 BGB). Der Prozess wurde an sich zu keiner Zeit wirksam beendet. Einem neuen Prozess steht der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs.

Wann liegt Sittenwidrigkeit vor?

Sittenwidrigkeit guten Sitten.

Dieser liegt vor, wenn eine Handlung »gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden« verstößt, also nicht einem billigenswerten Durchschnittsempfinden entspricht. Sittenwidrigkeit führt bei Rechtsgeschäften, insbesondere Verträgen, zu deren Unwirksamkeit.

Was fällt alles unter Sittenwidrigkeit?

Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Unter Sittenwidrigkeit versteht man – ganz allgemein und auf eine Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückgehend – ein Verhalten, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Wann ist ein Vergleich anfechtbar?

Ein Vergleich kann nach den allgemeinen Regeln angefochten werden. Ausgeschlossen ist die Anfechtung wegen Irrtums über einen streitigen Punkt, der durch den Vergleich gerade beseitigt werden sollte.

Sittenwidrigkeit (§ 228 StGB)

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Ist ein Vergleich rechtlich bindend?

Ein Rechtsstreit wird durch einen Prozessvergleich beendet und verliert damit seine Rechtshängigkeit. Ein Prozessvergleich entfaltet keine Rechtskraft.

Kann ein Vergleich rückgängig gemacht werden?

Die Erklärung einer Prozesspartei, mit der ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag angenommen wird, stellt eine wirksame Prozesshandlung dar. Sie ist als Prozesshandlung mit Eingang des Schriftsatzes bei Gericht wirksam geworden und kann als Prozesshandlung nicht widerrufen oder zurückgenommen werden.

Was ist sittenwidrig Beispiel?

Z. B. ist ein Vertrag ( Vertrag, privatrechtlicher) sittenwidrig, mit dem sich jemand verpflichtet, einen Diebstahl oder Mord zu begehen. Dieser Vertrag ist unwirksam und es entsteht also kein Anspruch, dass die Straftat auch wirklich begangen wird.

Unter welchen Voraussetzungen liegt ein sittenwidriger Vertrag vor?

Voraussetzung ist zunächst ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Als weitere Voraussetzung muss hinzukommen, dass hierdurch eine Zwangslage, die Unerfahrenheit, der Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche des anderen ausgenutzt wird.

Wann Verstößt ein Vertrag gegen die guten Sitten?

Sie haben sicherlich schon von der berühmt-berüchtigten Definition gehört, dass ein Rechtsgeschäft dann gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 verstoße, wenn es dem „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht“.

Was ist ein Verstoß gegen die guten Sitten?

Objektiv. Objektiv fordert Absatz 1 der Norm einen Verstoß gegen die guten Sitten. Dies bedeutet, dass das Rechtsgeschäft gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen muss.

Was ist ein sittenwidriges Rechtsgeschäft?

Rechtsfolgen: a) Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt (sittenwidriges Rechtsgeschäft), ist nichtig (§ 138 BGB), z.B. Knebelungsverträge, Kredittäuschungsverträge, Wucher. Ein Vertrag kann auch wegen der Art seines Zustandekommens (z.B. Schmiergeld) sittenwidrig sein.

Ist sittenwidriges Verhalten strafbar?

Was bedeutet sittenwidrig im Strafrecht? Im Strafrecht liegt eine rechtswidrige Handlung gemäß § 228 StGB nur dann vor, wenn eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vorgenommen wird und die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.

Was ist bei einem Vergleich zu beachten?

Voraussetzungen des Vergleichs
  • Es besteht ein wirksames Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. ...
  • Es besteht entweder Streit, Ungewissheit oder Unsicherheit über das Rechtsverhältnis.
  • Beide Parteien beenden den Streit oder die Ungewissheit bzw. ...
  • Es darf ferner keine Unwirksamkeit des Vergleichs gem.

Was ist ein vergleichsabschluss?

Ein Vergleich vor Gericht (auch Prozessvergleich genannt) ist, einfach gesagt, eine Alternative zu einem richerlichen Urteil. Dabei einigen sich die betroffenen Parteien auf eine Lösung. Ein Vergleich beruht also auf dem gegenseitigen Entgegenkommen von Kläger und Angeklagtem, er stellt einen Kompromiss dar.

Kann ein gerichtlicher Vergleich abgeändert werden?

Formeller Maßstab: Nach h.M. ist ein Urteil, das einen Prozessvergleich abändert, so zu behandeln wie jedes andere Urteil auch, d.h. es gilt (materiell) die Wesentlichkeitsgrenze von etwa zehn Prozent, Einwendungen aus der Zeit vor der letzten Tatsachenverhandlung des Vorprozesses sind nach § 323 Abs.

Was versteht man unter Sittenverstoß?

Zum Sittenverstoß i. S. des § 138 I BGB wird im angefochtenen Urteil gesagt, zum auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung müsse eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Teiles hinzukommen.

Was sind gute Sitten recht?

Gute Sitten ist der positive moralische Wert der Sitte. Der Begriff umfasst das Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl aller moralisch und gerecht Denkenden (Erwachsenen) in der Gesellschaft und entspricht folglich der vorherrschenden Rechts- und Sozialmoral.

Wann ist der Tatbestand von Wucher erfüllt?

Das Wichtigste in Kürze: Um einen Preis als Wucher zu bezeichnen, muss er mindestens doppelt so hoch sein wie marktüblich. Außerdem muss der Anbieter eine Notlage ausnutzen. Ob Wucher vorliegt, muss in jedem Einzelfall juristisch geprüft werden.

Wann verjährt Sittenwidrigkeit?

Grundsätzlich beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB drei Jahre.

Was versteht man unter guten Sitten ISD 138 Abs 1 BGB?

Die Rechtsprechung bestimmt den Begriff der "guten Sitten" nach dem "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden". Um das "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" zu ermitteln, stellt sie vorrangig auf die Anschauungen des betroffenen Rechtskreises ab.

Was bedeutet Paragraph 138 BGB?

§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher. (1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

Wie lange kann man einen Vergleich widerrufen?

Wird ein Widerrufsvorbehalt im Rahmen des Vergleiches gemacht, wird regelmäßig aich die Widerrufsfrist festgelegt, das sind üblicherweise 2 oder 3 Wochen ab Vergleichsschluss. Wenn kein Widerrufsvorbehalt gemacht wurde ist der Vergleich wirksam und unwiderruflich zustandegekommen.

Was passiert wenn der Vergleich widerrufen wird?

Wird ein gerichtlicher Vergleich nach Ablauf einer vereinbarten Frist widerrufen, bleibt der Vergleich wirksam. Das gilt selbst dann, wenn demjenigen, der die Frist versäumt hat, überhaupt keine Schuld an der Verspätung trifft.

Wann muss nach einem Vergleich gezahlt werden?

sofern keine Frist zur Zahlung in den Vergleich aufgenommen wurde, ist der Zahlungsanspruch im Zweifel sofort fällig. Ein wirksamer Prozessvergleich ist gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ein Vollstreckungstitel.